Mittwoch, 20. Juli 2016

Wat haste jemacht mit dein’ Leben?

Am 16. August 1956, so lese ich im Filmlexikon, wurde in Köln  „Der Hauptmann von Köpenick“ mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle uraufgeführt. Ich bleibe deshalb daran hängen, weil für mich in diesem Film eine der besten schauspielerischen Leistungen geboten wird, die ich aus dem Kino kenne.

Der Schuster Wilhelm Voigt ist nach seiner Haft bei seiner Schwester und deren Mann Friedrich untergekommen.  Nachdem er von einer Beerdigung zurück ist, sinniert er mit seinem Schwager über das Leben und sagt:

 „Und denn, denn stehste vor Gott, dem Vater, ….und der fragt dir, ins Jesichte: Willem Voigt, wat haste jemacht mit deine‘ Leben. Und da muss ick sagen: Fußmatten, muss ick sagen, die hab ick jeflochten im Jefängnis. …. Det sachste vor Gott, Mensch. Aber der sacht zu dir: Jeh weck, sacht er! Ausweisung! Sacht er. Dafür hab ick dir det Leben nicht jeschenkt! Sacht er. Det biste mir schuldig. Wo is et? Wat haste mit jemacht?“

Ich habe diese Szene schon oft gesehen. Rühmann spielt sie so intensiv, dass ich bis heute immer einen Kloß im Hals verspüre und am liebsten in den Film hinein klettern möchte um den kleinen Mann an den Schultern zu packen und zu sagen: „ Nee Willem Voigt, so ist Gott nicht. Der gibt dir deine Chance, auch wenn dein Leben bis heute völlig verkorkst verlaufen sein sollte. Der lässt dich nicht fallen, du hast die Chance auf deine Aufenthaltserlaubnis.“

Ja ich weiß, dass das reine Glaubenssache ist. Und die Bibel hat zahlreiche Belege für den strafenden und richtenden Gott, aber genauso auch für den verzeihenden und gütigen. Von einer Grundüberzeugung komme ich nicht los: vor Gott ist der Mensch mehr wert als die Summe seiner Leistungen. Und wenn ich davon ausgehen kann, dann fällt es mir leichter, mein Leben in die Hand zu nehmen und etwas daraus zu machen. Davon entbindet mich nämlich auch der Glaube an den gütigen Gott nicht, den Vater, der den verlorenen Sohn in den Arm nimmt und wieder in sein Haus führt.

Wilhelm Voigt verlässt das Haus seines Schwagers mit den Worten: „So knickerig werd ich nicht vor meinen Schöpfer treten. Ick werd noch wat machen mit meim’ Leben…“
Ist vielleicht auch gar kein so schlechtes Motto für uns all, jeden Tag.
-Wolfgang Drießen

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